Was ist eine Parodontitis?

Als Parodont bezeichnet man den Zahnhalteapparat, also die Verankerung der Zähne. Zum Zahnhalteapparat gehören Zahnfleisch, umgebender Knochen, Wurzelhaut und Wurzelzement. Mit genau diesem Halteapparat befasst sich die wissenschaftliche Lehre von der Zahnumgebung, die Parodontologie.

Die Begriffe Parodontose, Parodontopathie und Parodontitis bezeichnen eine Erkrankung oder Entzündung des Zahnhalteapparates. Der wissenschaftlich verwendete Begriff ist Parodontitis.
Man unterscheidet verschiedene Verlaufsformen der Parodontitis, welche lokalisiert, generalisiert, schnellablaufend (aggressiv) oder eher chronisch sein können.

Parodontitis kann in jedem Lebensalter auftreten und ist weit verbreitet in der Bevölkerung. Über 60% (!) der Erwachsenen oberhalb des 40. Lebensjahres haben eine Parodontitis.Viele Untersuchungen zeigen auch, dass eine unbehandelte Parodontitis das Risiko für Herzerkrankungen und Diabetes erhöhen kann. Zusammenhänge mit Stoffwechselerkrankungen sind heute Gegenstand vieler Untersuchungen. Sogar Frühgeburten können ursächlich mit einer Parodontitis der Mutter während der Schwangerschaft zusammenhängen.

Wie entsteht eine Parodontitis?

Die Entzündung des Zahnhalteapparates ist zwar eine durch Bakterien verursachte Erkrankung, aber es gibt noch andere wesentliche Faktoren, die die Entstehung einer Parodontitis begünstigen. Primär spielt die individuelle genetische Situation eines jeden Menschen eine entscheidende Rolle. Entscheidend ist hier wahrscheinlich, dass bei einigen Menschen die Antwort Ihres Immunsystems auf die Parodontitis verursachenden Bakterien schlechter ist und damit sich bei diesen Patienten eine Parodontitis entwickeln kann.

 


Bei jedem Menschen ist die Mundhöhle mit über 500 verschiedenen Keimen besiedelt, von denen die meisten harmlos sind und sogar für unser tägliches Wohlbefinden gebraucht werden. Einige Bakterienstämme können jedoch pathologische Veränderungen wie z.B. Knochenabbau hervorrufen.

 

Auf den Zahnflächen lagern sich Bakterien in Form von Zahnbelägen (Plaque) an. Die hieraus entstehenden Toxine (Gifte) gelangen in die umgebenden Gewebe. Dort lösen sie eine Reaktion der körpereigenen Abwehr aus: Eine Entzündung entsteht! Der feste bindegewebige Verbund zwischen Zahnhalteapparat und Zahn lockert sich. Eine Tasche entsteht zwischen Zahn und Zahnfleisch, die sogenannte Parodontitistasche.

Aus dem Speichel und dem Sekret stammende Mineralien lagern sich als sog. kristallharte "Konkremente" auf der Wurzeloberfläche der Zähne ab. Hier beginnt sich der Kreis zu schließen: Auf den rauhen Ablagerungen können sich die Bakterien noch besser anheften und die Entzündung verstärkt sich und damit auch die Vertiefung der Zahnfleischtaschen.

Gibt es Vorbeugung oder 100% Schutz vor Parodontitis?

Eine gute Mundhygiene ist sicherlich der wichtigste Schutz vor Parodontitis und vor Zahnverlust. Regelmäßige professionelle Zahnreinigung und Kontrolle durch Dentalhygienikerinnen und den Zahnarzt, helfen sicherlich, Zahnfleischerkrankungen zu vermeiden.
Aber im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen lässt sich die Entstehung einer Parodontitis nicht ganz zuverlässig verhindern. Der Grund hierfür ist im Wesentlichen die genetische Ursache. Prophylaxemaßnahmen, wie zahnärztliche Kontrolle, Mundhygieneanweisung, Gebissanierung oder gezielte Parodontaltherapie dienen vor allem der rechtzeitigen Vermeidung oder Begrenzung der Entstehung einer Parodontitis. Auch interdisziplinäre Behandlungskonzepte in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt, anderen speziellen Fachärzten, Ernährungsspezialisten und dem Patienten stabilisieren die Parodontitis und helfen trotz des gebliebenen genetischen Risikos eine lebenslange Stabilisierung erfolgreich aufrecht zu erhalten.

Raucher erkranken deutlich häufiger an einer Parodontitis als Nichtraucher.
Der Verlauf der Parodontitis ist bei Rauchern deutlich schwerer, verbunden mit wesentlich mehr Verlust des Knochens und des Zahnhalteapparates. Die Zähne werden schneller locker und gehen häufiger verloren. Raucher sprechen auf die Behandlung der Parodontitis wesentlich schlechter an als Nichtraucher.

Fehlbelastungen, Zahnfehlstellungen oder schadhafte zahnärztliche Versorgungen wie schlechtsitzende Kronen oder Füllungen können auch einen negativen Einfluss auf die Entwicklung einer Parodontitis nehmen.

Wie diagnostiziert wir zahnärztlich die Parodontitis?

Zur gründlichen Diagnose sind mehrere Schritte notwendig, wichtig neben einer ausführlichen Untersuchung ist eine sogenannte Zahnfleischtaschensondierung (fachl.: Parodontalstatus).
Bei dieser sogenannten Zahntaschentiefenmessung wird untersucht, in welchem Zustand sich der Zahnhalteapparat befindet und wie tief die Zahntasche ist. Gemessen wird in unserer Praxis mit einer speziellen elektronisch kalibrierten Messonde welche normalerweise nur in Universitäten oder auch in Spezialistenpraxen eingesetzt wird. Der Vorteil dieses sog. Florida-Probe-Systems liegt einerseits in der Messgenauigkeit und andererseits in der Reproduzierbarkeit der Messungen. Zur Beurteilung der Knochensubstanz im Verhältnis zur Länge der Zahnwurzeln sind zur besseren Diagnostik Röntgenaufnahmen anzufertigen.

Mindestens genauso wichtig wie diese diagnostischen Verfahren ist aber auch den gesamten gesundheitlichen Status des Patienten zu berücksichtigen. Zusätzliche Tests wie z.B. eine Testung krankheitserregender Bakterien (DNA-TEST) oder spezieller Genmarker (mmP8-Tests) können in Einzelfällen sinnvoll sein.

Kosten

Die Kosten für professionelle Zahnreinigungen in den Vor- und Nachbehandlungen und die Feststellung des Vorhandenseins bestimmter Bakterienarten (falls nötig) sind in der Regel von den gesetzlich versicherten Patienten in voller Höhe selbst zu tragen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für parodontologische Behandlungen, wenn ein genehmigter Parodontalstatus vorliegt. Bei parodontalen Erkrankungsformen, die eine aufwändigere Therapie erfordern, wird von den gesetzlichen Kassen nur die Grundleistung übernommen. Die privaten Versicherungen übernehmen die Kosten fast immer vollständig, wobei dieses im Einzelfall zu klären bleibt, auf Grund der vielschichtigen Gestaltung der Versicherungsverträge einzelner Gesellschaften.

Im individuellen Einzelfall sollten Sie mit uns die Besonderheiten besprechen. Gerne erstellen wir Ihnen einen Kostenvoranschlag, damit Sie die Details mit dem jeweiligen Versicherungsunternehmen klären können.

Therapie

Nur Zahnärzte, die über umfassende Erfahrung in Diagnose und Therapie von Parodontalerkrankungen verfügen, können die Erkrankung adäquat behandeln!

Bei der Behandlung werden nicht nur die aktuellen Beschwerden bekämpft, sondern auch die Ursachen der Erkrankung sowie mögliche erkrankungsördernde Faktoren ausgeschaltet.
Die Therapie gliedert sich in folgende Einzelschritte:

  • Initialphase (Informations-, Motivations- und Hygienephase)
  • Therapiephase (konservative und /oder chirurgische Behandlung)
  • Nachbehandlung, Erhaltungstherapie, Kontrollphase, Unterstützende Parodontitistherapie

Die Therapie der Parodontitis besteht aus mehreren Abschnitten, die alle dem Ziel der Erhaltung des vorhandenen Zahnhalteapparates und der Funktionsfähigkeit der Zähne sowie der Vermeidung von Zahnverlusten und, wenn möglich, der Wiederherstellung parodontalen Gewebes dienen. Alle drei Phasen sind gleich wichtig für eine langfristige Stabilisierung der parodontalen Situation.

Initialphase (oder auch Hygienephase)
Die erste Phase der Behandlung wird zu Beginn eingeleitet mit professionellen Zahnreinigungen und den Anleitungen und Motivationen zur häuslich, optimalen Mundhygiene. Wesentliche Voraussetzung für einen langfristigen Erfolg ist die erkennbare Motivation und Mitwirkung von Seiten der Patientin bzw. des Patienten. Eine erfolgreiche Initialphase kann unter günstigen Umständen weitere Schritte wie paprodontologisch-korrektive und/oder chirurgische Maßnahmen unnötig machen.
Je nach Schweregrad der Parodontitis erfolgt eine erneute Beurteilung der parodontalen Situation in weiteren Folgeterminen. In fortgeschrittenen Fällen oder auch schweren Verlaufsformen der Parodontitis werden wir Ihnen weiterführende Behandlungsschritte vorschlagen. Diese weiteren Schritte richten sich nach der vorhandenen parodontalen Situation und haben das Ziel langfristig die das Parodont zu stabilisieren.

Therapiephase

Konservative bzw. geschlossene Therapie

Die korrektive Phase verstärkt  in erster Linie die Reinigung an den Zahnwurzeln in den parodontalen Taschen und soll die bakterielle Situation verändern.  Dazu werden die Zähne mit Ultraschallinstrumenten und Handinstrumenten gereinigt. Auflagerungen und bakterielle Beläge auf der Wurzeloberfläche werden von der Zahnfleischtasche her mechanisch-instrumentell behandelt. Bakterien befinden sich in sehr resistenten Biofilmen. Diese Biofilme bilden die Grundlage für die weitere Verschlechterung der Parodontitis. Das Ziel moderner Parodontitis Therapie ist eine positive Beeinflußung dieser Biofilme.

Chirurgische Therapie

In manchen Fällen sind die Defekte welche durch die Parodontitis entstanden sind so tief, so dass Zahnsteinreste und Bakterien in tiefen Taschen und Wurzelgabelungen verblieben sind. Auch können durch die entzündlichen Prozesse Knochendefekte entstanden sein, welche durch Nischenbildung weitere Entzündung unterhalten. Diese verbliebenen Bakterienreste und Knochendefekte können meistens nur nach Freilegung der Zahnsituation behandelt werden. Hierbei werden in örtlicher Betäubung in einem kleinen chirurgischen Eingriff die Wurzeloberflächen unter Sicht gereinigt, um möglichst alle vorhandenen bakteriellen Auflagerungen zu erfassen. Bei bestimmten knöchernen Defekten besteht heute die Möglichkeit, durch spezielle Behandlungsmethoden den Verlust teilweise zu reparieren oder zu regenerieren. In besonderen Fällen kann der Einsatz von Antibiotika in verschiedenen Therapieformen sinnvoll sein.

Nachbehandlung (Erhaltungstherapie), weitere unterstützende Parodontitistherapie (UTP)

Der langfristige Erfolg der Parodontalbehandlung und die Stabilisierung der Parodontitis hängt von der Mitarbeit des Patienten, der Patientin und von der regelmäßigen Betreuung durch unser zahnärztliches Praxisteam ab. Im Rahmen der parodontalen Nachsorge werden Zähne, Zahnfleisch und der parodontale Halteapparat kontrolliert und professionell gereinigt. Eine lebenslange Kontrolle ist unabdingbar. Nur durch die stetige weitere Betreuung kann die parodontale Situation stabilisiert werden. Diese Vorsorgemaßnahmen sind in den meisten Fällen alle drei bis sechs Monate erforderlich und werden je nach Risikoprofil des einzelnen Patienten individuell abgestimmt.

Weiterführende Literatur/Weblinks

Hier möchten wir Sie auf ausführlichen Informationen der wissenschaftlichen Gesellschaften in Deutschland aufmerksam machen.
Wenn Sie an englischsprachiger Literatur interessiert sind, können Sie sich gerne jederzeit an uns wenden.
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde www.dgzmk.de
Deutsche Gesellschaft für Parodontologie www.dgparo.de
Studiengruppe ParoExcellence www.parodontologie.org